1. Definition der Systemgrenzen
Um zu definieren, welche Bereiche Ihres Museums Sie in der Klimabilanz berücksichtigen möchten, müssen Sie die Systemgrenzen definieren. Diese lassen sich in zwei Bereiche unterteilen:
- Die organisatorische Systemgrenze: Welche Organisationsbereiche Ihres Museums möchten Sie bilanzieren? Ist es eine einzelne Ausstellung, ein Gebäude, ein Gebäudeteil, Depoträume?
- Die operative Systemgrenze: Welche Handlungsfelder möchten Sie bilanzieren? Während die Erhebung nach Scope 1 und 2 obligatorisch ist, können Sie bei der Datenerhebung nach Scope 3 selbst entscheiden, welche Faktoren Sie bilanzieren. Hierbei kann eine Wesentlichkeitsanalyse hilfreich sein. Wichtig ist, dass Sie Ihre Entscheidungen transparent und verständlich machen. Auch eine mangelnde Datenlage kann ein Ausschlusskriterium für einen Wert sein.
2. Erheben der Daten
Die Erstellung einer Klimabilanz erfordert eine strukturierte Erhebung von Daten über den Museumsbetrieb. Je genauer die Daten, desto aussagekräftiger ist Ihre Klimabilanz. Diese Herangehensweisen können Ihnen dabei helfen:
- First-Best: Ablesen von Zählerständen am Jahresanfang/-ende, Rechnungen, Differenzermittlung aus Einkaufslisten und Beständen
- Second-Best: Analyse von Fahrtkostenerstattungen, Hochrechnung von gezielten Stichproben-Umfragen
- Besser als nichts: Schätzwerte anhand weiterer vorhandener Informationen bspw. Wohnorte der Mitarbeitenden, pauschale Annahmen
Bei der Datenerhebung ist es wichtig, alle Kolleg:innen einzubinden. Gehen Sie in den Austausch und informieren Sie Ihre Kolleg:innen darüber, welche Daten Sie benötigen und welche Ihnen fehlen. Vor allem die erste Klimabilanz erfordert viel Detektiv:innenarbeit!
Mittels Umrechnungsformeln (Emissionsfaktoren) werden Ihre Betriebsdaten in CO2-Äquivalente umgerechnet.
Für die Datenerhebung können Sie Softwares (CO2e-Rechner) nutzen, bei denen die Emissionsfaktoren bereits hinterlegt sind. Je nachdem wie Sie Ihre Systemgrenzen definiert haben, reichen die Eingabemöglichkeiten der CO2e-Rechner allerdings nicht aus, um alles erfassen zu können, was Sie erfassen möchten. Über Datenbanken können Sie verschiedene Emissionsfaktoren recherchieren und in einer eigenen Tabelle eintragen. Ein Muster für die Datenerhebung wird Ihnen von der Kulturstiftung des Bundes zur Verfügung gestellt. Dieses finden Sie unter: Klimabilanzen_Muster_Datenerhebung.xls (live.com)
Datenbanken für die Recherche von Emissionsfaktoren:
- Kostenfrei sind GEMIS (Globales Emissions-Modell Integrierter Systeme) oder DEFRA (Department for Environment, Food & Rural Affairs)
- eine kostenpflichtige Variante ist ecoinvent.
- Auch das Bundesumweltamt veröffentlicht jährlich Emissionsfaktoren für bestimmte Daten, wie beispielsweise für Strom.
3. Auswertung
Nachdem Sie alle Werte eingegeben haben, erhalten Sie eine Auswertung Ihrer Daten, die Ihnen die größten Emissionen Ihres Museums aufzeigt. Auf Basis dieser Daten können Sie Maßnahmen ableiten und priorisieren.
Um den Beitrag zum Klimaschutz zu maximieren, sollten die Maßnahmen, die Sie aus der Klimabilanz ableiten, folgendem Grundsatz folgen: Vermeiden vor Reduzieren vor Kompensieren.
Vermeiden: Welche Aktivitäten und Emissionen können gänzlich eingespart werden?
Reduzieren: Welche Aktivitäten und Emissionen können sinnvoll verringert werden?
Kompensieren: Welche Emissionen sind unvermeidbar, können aber ausgeglichen werden?
Kompensationsmaßnahmen sollten nach national bzw. international zertifizierten Standards erfolgen. Etablierte Standards sind:
- Clean Development Mechanism (CDM)
- Gold Standard (GS)
- Verified Carbon Standard (VCS)
- Plan Vivo
- Auch nationale Initiativen wie Standards für die Renaturierung von Mooren sind zu empfehlen, wie MoorFutures und Moorland
Hintergründe zum Zertifikathandel, Zusammenhänge und weitere Detailinfos gibt der Ratgeber „Freiwillige CO2-Kompensation durch Klimaschutzprojekte“ des Umweltbundesamtes. Auch der Ausbau von Freiflächen gibt eine gute Möglichkeit, CO2 zu kompensieren. Lesen Sie hierzu mehr in unserem Fokusbeitrag: Aktiver Klimaschutz: CO2 kompensieren durch Freiflächen
Da der Museumsbetrieb ohne Emissionen nicht möglich ist und um Nachhaltigkeit schneller in der Praxis zu etablieren, wird empfohlen, für jedes Projektbudget einen prozentualen Betrag von 0,5–1,5 Prozent für Kompensationen einzukalkulieren. Durch die Heterogenität der Museen ist zu prüfen, welcher Betrag in Frage kommt. Gehen Sie hierfür ggf. in den Austausch mit Ihrer Trägerschaft.
4. Dokumentation
Die variierende Grundsituation in den Museen sowie die Datenverfügbarkeit und die Wahl der Systemgrenzen haben enorme Auswirkungen auf die Klimabilanzen. Grundsätzlich ist es also entscheidend, dass die verwendeten Datenquellen und Ergebnisse transparent gemacht und gut dokumentiert werden.
Tipp: Veröffentlichen Sie Ihre Klimabilanz auf der Website und berichten Sie über die Maßnahmen, die Sie umsetzen möchten und wo die Hindernisse liegen. Eine transparente Kommunikation vermeidet Missverständnisse, baut Vertrauen zu Ihren Interessengruppen auf und macht Sie glaubwürdig.
Weiterführende Literatur und Links:
- McGhie, H.A.; Black, T.; Indriago, G.; Kapustina, C., J. Chu: “Measuring and Reporting Greenhouse Gas Emissions: an introduction for museums and cultural institutions.”, Curating Tomorrow and Co2Action. Curating Tomorrow, 2022, UK.
- Kulturstiftung des Bundes: Klimabilanzierung in Kulturbetrieben. 2021
- Victor Reichert: „Ökobilanzierung in der Ausstellungsgestaltung“, Halle/Saale, 2022.
- Hefele/Trunk 2022 – Leitfaden Nachhaltigkeitmanagement