Studienbesuche

Sich in kleinem, geschütztem Rahmen über Besucherorientierung austauschen, Erfahrungen teilen, sich gegenseitig inspirieren, offen über Herausforderungen, Schwierigkeiten und Fragen diskutieren, nah an der Museumspraxis – dazu boten drei Studienbesuche Gelegenheit.

Vom 4. bis 6.  November 2019 führte der dritte und letzte Studienbesuch nach Berlin. Mehr als 170 sehr unterschiedliche Museen stehen den Besucherinnen und Besuchern in der Hauptstadt zur Auswahl. Gastgeber dieses Studienbesuchs waren das Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit, das Jüdische Museum und das Stadtmuseum Berlin. Sie stellten ihre aktuellen Fragen, Probleme und Lösungen sowie gesammelten Erfahrungen im  Kontext der Besucherorientierung vor und zur Diskussion. Zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Museen bundesweit und verschiedener Museumssparten waren eingeladen, an diesem Studienbesuch teilzunehmen.

Folgende Schwerpunkte gab es an den einzelnen Studienorten:

Den Auftakt machte das NS-Zwangsarbeit Dokumentationszentrum in Schöneweide im Osten Berlins. Es ist das einzige noch erhaltene ehemalige NS-Zwangsarbeiterlager. Laufpublikum gibt es hier kaum – auch wenn der Weg von Berlin Mitte aus gar nicht so weit ist. Wer kommt, entscheidet sich bewusst dafür und bringt in der Regel viel Interesse mit. Doch mit welchen Erwartungen kommen die Besucherinnen und Besucher an diesen historischen Ort? Wie geht das Museum mit diesen Erwartungen um? Kann und möchte es sie erfüllen? Und wenn nicht? Angesichts seiner Lage und der großen Konkurrenz unter den Berliner Freizeiteinrichtungen muss das Museum sehr gezielt um seine Besucher werben.  Dabei setzt es bisher vor allem auf ein umfangreiches Bildungsangebot und versucht auch neue Besuchergruppen anzusprechen.  Eine stetige Herausforderung ist es, Relevanz für historische Themen und Bezüge zur Lebenswelt der verschiedenen Besucher zu schaffen. Das Team des 2006 gegründeten, 2010 und 2013 erweiterten Museums hinterfragt derzeit gezielt seine eigene Arbeit, das Angebot und die Ausrichtung des Hauses.  Dabei steht auch die 2013 eröffnete Dauerausstellung „Alltag Zwangsarbeit“ auf dem Prüfstand.

Die zweite Station war das Jüdische Museum Berlin – ein Besuchermagnet in der Stadtmitte. Gerade für viele Touristinnen und Touristen gehört das Museum zum Pflichtprogramm. Das Museum ist seit seiner Öffnung 2001 der Besucherorientierung verpflichtet. Ein wichtiges Instrument ist die Besucherforschung, die umfassend  eingesetzt wird, um die Interessen und Bedürfnisse der Besucherinnen und Besucher zu ermitteln.  Mit dem Anspruch, ein Ort für die Reflexion über die jüdische Geschichte und Kultur sowie über Migration und Diversität in Deutschland für ein breites Publikum zu sein, geht die Herausforderung einher, immer wieder die eigene Identität zu hinterfragen. Welche Themen beschäftigen die  Menschen? Welche greift man auf? Wofür fühlt man sich zuständig? Wie muss das Museum aufgestellt sein, seine Aufgaben erfüllen zu können? Auch ausgehend von diesen Fragen blickt das Jüdische Museum seit einiger Zeit verstärkt nach innen: Wie müssen Arbeitsweisen und Strukturen verändert werden, um Besucherorientierung gemeinsam und nachhaltig in die Tat umzusetzen?

Die letzte Station des Studienbesuchs war das Stadtmuseum Berlin. DER zentrale Ort für die Geschichte Berlins und Plattform für Austausch über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Stadt zu sein, das ist die Zukunftsversion des Stadtmuseums Berlin. Dabei begreift das Stadtmuseum Besucherorientierung als Aufgabe  aller Bereiche des Museums, als übergeordnete Querschnittsaufgabe. Im Mittelpunkt steht der Dialog mit den Besucherinnen und Besuchern. Alle Vermittlungsformate sind dialogisch angelegt. In dem Bewusstsein, dass unsere Gesellschaft viel zu divers ist, als dass es einfache Antworten gäbe, sind im Rahmen verschiedener partizipativer Formate die Besucherinnen und Besuchern um ihre Perspektiven und Expertisen ersucht. Das Stadtmuseum erprobt verschiedene Teilhabeformate, bindet dabei schon im Vorfeld Fokusgruppen ein und entwickelt diese kontinuierlich weiter. Ziel ist es immer, eine große Vielstimmigkeit sichtbar zu machen. In den . [Probe]Räumen im Märkischen Museum können Besucherinnen und Besucher eigene kleine Ausstellungen kuratieren. In dialogischen Tandem-Führungen mit Personen unterschiedlicher Herkunft werden die Objekte des Museums aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und Junior-Kuratoren bringen starke Gegenwartsbezüge in die Ausstellungen des Museums ein. Wie trägt man die Expertise der Beteiligten in die Institution? Wie gelingt eine langfristige Beteiligung und wie können diese Prozesse nachhaltig für den Wandlungsprozess des Museums genutzt werden? Das sind die besonderen Herausforderungen – nicht allein des Stadtmuseums Berlin mit seinen fünf Standorten.

Der Studienbesuch hat bereits stattgefunden. Eine Bewerbung ist nicht mehr möglich.

Informationen zum Studienbesuch in Bonn finden Sie hier und zum Studienbesuch in Bramsche, Bremen und Hamburg hier.