Besuchszahlen als Werkzeug

Die zweite Veranstaltung der Reihe “Treffpunkt Besuchendenservice” fand am 19. November 2025 statt. Im Mittelpunkt standen “Besuchszahlen als Werkzeug”. Lesen Sie hier die Zusammenfassung der Redebeiträge.

Vorstellung Netzwerk Besucher*innenforschung 

Die zweite Veranstaltung des Treffpunkts Besuchendenservice zum Thema „Besuchszahlen als Werkzeug“ begann mit der Vorstellung des Netzwerks Besucher*innenforschung. Josefine Dreesen, Geschäftsführerin des Netzwerks, gab einen Überblick über die Entwicklung – von der Gründungsidee 2021 über die Vereinsgründung 2023 bis hin zu den aktuellen Aktivitäten.
Der Verein verfolgt das Ziel, wissenschaftliche Ergebnisse zu verbreiten, den Austausch zwischen Museen, Forschungseinrichtungen und Universitäten zu stärken und die personelle wie inhaltliche Kontinuität der Besucher*innenforschung in Deutschland zu sichern. Dazu organisiert das Netzwerk jährlich eine Jahrestagung für ein breites museales Publikum sowie eine Fachtagung zur Vernetzung von Akteuren aus Forschung und Praxis. Diese Tagungen greifen aktuelle Themen auf, wie die Messung von Diversität und Partizipation, die Visualisierung und Kommunikation von Forschungsergebnissen oder Visitor Journey Mapping. (Hier finden Sie die Dokumentationen der letzten Fach- und Jahrestagungen.) Das Netzwerk möchte vor allem Museen ansprechen, die empirische Forschung betreiben oder damit beginnen möchten – nicht nur in Form quantitativer Erhebungen, sondern in der gesamten Bandbreite von Besucher:innen-, Publikums- und Bildungsforschung sowie Evaluation und Rezeptionsforschung. Darüber hinaus richtet sich das Netzwerk an Mitarbeitende in Museen, die sich aktiv mit empirischer Forschung auseinandersetzen wollen, sowie an Forschende an Universitäten und außeruniversitären Einrichtungen. 

Impuls 

Der Beitrag von Stefano Cattaneo, Senior Data & Insight Manager in der National Gallery in London zeigte, dass reine Besucher:innenzahlen nur einen Teil der Realität abbilden. Sie sind zwar ein gängiger Indikator, sagen aber wenig über die Qualität des Besuchs oder die langfristige Wirkung aus. Um Museen erfolgreich zu steuern, braucht es einen ganzheitlichen Ansatz, der fünf Dimensionen berücksichtigt: Behavioural (verhaltensbezogen), Experiential (erlebnisorientiert), Demographic (demografisch), Digital und Operational (betrieblich).
Die Behavioural-Perspektive untersucht, wie Besucher:innen das Museum tatsächlich nutzen: etwa durch Verweildauer, Engagement-Heatmaps, Wiederholungsbesuche oder Eventteilnahmen. Die Experiential-Dimension fragt, was Besuchende fühlen, lernen und mitnehmen. Kennzahlen wie Zufriedenheit, Net Promoter Score und Lernziele geben Hinweise, ob Angebote als sinnvoll, inklusiv und motivierend wahrgenommen werden. Die Demographic-Analyse zeigt, wen das Museum erreicht und wen noch nicht. Sie umfasst Zielgruppenprofile, Diversity, Equity & Inclusion-Maßnahmen, um Diversität zu fördern und Lücken zu schließen. Die Digital-Dimension beleuchtet Online-Interaktionen – von Social-Media-Engagement bis zur Nutzung digitaler Sammlungen. Sie offenbart Trends und hilft, digitale Angebote mit physischen Besuchen zu verknüpfen. Schließlich betrachtet die Operational & Commercial-Perspektive, wie gut Besucher:innen bedient werden: Wartezeiten, Servicequalität, Shop- und Café-Umsätze sowie Ressourcenauslastung sind entscheidend für ein positives Erlebnis und finanzielle Nachhaltigkeit.
Stefano Cattaneo machte mit seinem Beitrag deutlich: Erfolg darf nicht allein durch die Anzahl der Besucher:innen definiert werden. Erst die Kombination aller fünf Dimensionen ermöglicht es der National Gallery, die Qualität der Besuche zu steigern, die Besuchendenzufriedenheit zu erhöhen und die Zukunft des Museums nachhaltig zu sichern. 

In einem Beitrag der Jahrestagung 2024 des Netzwerks Besucher*innenforschung ging Stefano Cattaneo nochmals ausführlicher auf seine Arbeit eingegangen, hier finden Sie seine Präsentation von 2024, die auch verschiedene Case Studies enthält.  

Impuls  

Der Beitrag von Katharina Pilz, stellvertretende Bereichsleiterin Visitor Experience & Research im Jüdischen Museum Berlin, gab einen Überblick über die Bedeutung von Daten im Besucher:innenmanagement und zeigte, wie sie für faktenbasierte Entscheidungen genutzt werden können. Zentrale Fragen waren, welche Daten im Besuchendenmanagement anfallen, in welcher Detailtiefe sie erfasst werden sollten und welche Überlegungen vor der Datenerhebung notwendig sind. Daten entstehen an vielen Schnittstellen – etwa in Ticketshops, Kassen oder Zutrittssystemen – und liefern wichtige Informationen zu Besuchsaufkommen, Herkunft der Gäste oder Auslastung. Anhand von drei Praxisbeispielen zeigte Katharina Pilz, wie diese Daten genutzt werden können: Die Herkunftsabfrage an den Kassen unterstützt gezielte Marketingkampagnen und die Anpassung von Sprachangeboten. Die Analyse von 0-Euro-Tickets ermöglicht, Bearbeitungszeiten zu verkürzen und Wartezeiten im Foyer zu reduzieren. Die Auswertung von Eintrittsscans hilft eine bessere Personalplanung und die Entwicklung von Angeboten für weniger frequentierte Zeiten. Grundlegend ist die Erkenntnis, dass Datenerfassung kein Selbstzweck ist, sondern einem klaren Bedarf folgen muss. Herausforderungen liegen in der Abstimmung zwischen verschiedenen Beteiligten und der Vermeidung unnötiger Daten. Die Qualität der Erhebungen kann zudem gesteigert werden, wenn die Mitarbeiten, beispielsweise an der Museumskasse, nachvollziehen können, warum sie entscheidend ist. Als Fazit formulierte Katharina Pilz: Wer Daten klug einsetzt, schafft effizientere Abläufe, trifft faktenbasierte Entscheidungen und sorgt für ein optimiertes Besuchserlebnis – auch unter knappen Ressourcen.  

Praxisbeispiel  

Oliver Geitner, Koordinator des Ausstellungsdiensts im Deutschen Museum Nürnberg, zeigte anhand seines Praxiseinblicks, wie das Museum ihre Personaleinsatzplanung mithilfe strukturierter Daten optimiert. Grundlage dafür ist die Erfassung und Pflege von Daten in einem System, das eine flexible Weiterverarbeitung ermöglicht. Betont wurde, dass nur sauber strukturierte Daten aussagekräftige Analysen erlauben. Die Planung erfolgt zweistufig: Zunächst wird zur Monatsmitte ein Forecast für den kommenden Monat erstellt, basierend auf Erfahrungswerten, bisherigen Buchungen und Reservierungen. Darauf folgt die wöchentliche Einsatzplanung. Öffnungszeiten und deren Granularität im System spielen eine zentrale Rolle, da präzisere Zeitintervalle bessere Analysen und eine gezieltere Personalsteuerung ermöglichen. Neben Standarddaten wie Besucher:innenzahlen fließen weitere Faktoren ein, etwa besondere Sicherheitsanforderungen, personalintensive Exponate, Sonderprogramme oder Veranstaltungen. Seine Beispiele zeigten, wie Eintrittsdaten nach Tagen, Uhrzeiten und Besucher:innentypen ausgewertet werden, um den Personalbedarf in verschiedenen Bereichen wie Kasse, Ausstellungen oder VR-Stationen anzupassen. Abschließend empfahl Oliver Geitner ab einem durchschnittlichen Personaleinsatz von mehr als 20 Mitarbeitenden eine professionelle Software für Dienst- und Einsatzplanung zu nutzen, da solche Lösungen die Schichtkoordination, das Abwesenheitsmanagement und die Teamkommunikation erheblich erleichtern.