Das Besuchserlebnis

Die erste Veranstaltung der Reihe “Treffpunkt Besuchendenservice” fand am 22. Oktober 2025 statt. Im Mittelpunkt stand “Das Besuchserlebnis”. Lesen Sie hier die Zusammenfassung der Redebeiträge und der anschließenden Diskussion.

Impuls

Die Veranstaltung „Treffpunkt Besuchendenservice“ stand unter dem Thema „Das Besuchserlebnis“. Der Einstieg in das Thema kam von Irene Knava, Autorin von AUDIENCING und ISO FOR CULTURE und Leiterin der Stabsstelle für Organisationsentwicklung und Qualitätsmanagement der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss. Sie beschäftigt sich mit der Frage, wie Kultureinrichtungen – insbesondere Museen – das Erlebnis ihrer Besucher:innen ganzheitlich gestalten und verbessern können. Ausgangspunkt ist die Erkenntnis, dass der Besuch nicht erst beim Betreten des Hauses beginnt, sondern eine ganze „Audience Journey“ umfasst: von der Informationssuche über den Aufenthalt vor Ort bis hin zum Feedback nach dem Besuch. Dieses Erlebnis ist sowohl digital als auch analog geprägt und beruht auf einer Vielzahl miteinander verbundener Prozesse.

Zentral ist dabei der Gedanke der Servicequalität, die über die bloße Erfüllung von Erwartungen hinausgeht. Inspiriert vom Disney-Ansatz „Be Our Guest“ wurde betont, dass echte Servicequalität entsteht, wenn jedes Detail – vom Programmangebot bis zur Dienstleistung – bewusst gestaltet wird. Sie beruht auf drei Säulen: den Menschen, also dem Personal, das aktiv zum Erlebnis beiträgt; der Bühne, die das physische und atmosphärische Umfeld umfasst; und den Prozessen, die die Organisation und die Abläufe beschreiben, durch die ein reibungsloser Besuch ermöglicht wird. Jede Begegnung zwischen Mitarbeitenden und Gästen wird dabei als Chance verstanden, Beziehungen zu vertiefen und das Erlebnis kontinuierlich zu verbessern.

Einen weiteren Schwerpunkt legte Irene Knava auf die Bedeutung gut gestalteter Prozesse – vom Warteschlangenmanagement über die Kommunikation mit Besucher:innen bis zur Berücksichtigung besonderer Bedürfnisse. Schlechte Prozessgestaltung wird als Störfaktor erkannt, der das Gesamterlebnis beeinträchtigen kann.

Abschließend betonte sie das Konzept der lernenden Organisation: Museen sollen kontinuierlich aus Erfahrungen und Rückmeldungen lernen, sowohl durch interne Formate wie Schulungen und Austausch unter Mitarbeitenden als auch durch Besuchendenbefragungen, Mystery Visits oder Fokusgruppen.

Insgesamt verdeutliche Irene Knava, dass das Besuchserlebnis als strategischer und ganzheitlicher Prozess gesehen werden muss, bei dem Organisation, Personal, Räume und Kommunikation ineinandergreifen. Ziel ist es, durch bewusste Gestaltung aller Berührungspunkte ein positives, nachhaltiges und begeisterndes Erlebnis für die Besucher:innen zu schaffen.

 

Praxiseinblick

Der Praxiseinblick aus dem Deutschen Museum Nürnberg von Susanne Wissen, Leitung Museumsbetrieb und Service, verdeutlichte, dass die praktische Umsetzung des Besuchserlebnisses oft eigene Herausforderungen und Dynamiken mit sich bringt. Viele Besucher:innen kommen ohne Vorbereitung ins Museum und benötigen daher Orientierung und Begleitung. Eine wichtige Rolle im Deutschen Museum spielt deshalb der sogenannte „Wellcomer“, der die Gäste begrüßt, sie über das Haus informiert und ihnen das Ankommen erleichtert. Ziel dahinter: Alle Besucher:innen sollen sich von Beginn an willkommen und wertgeschätzt fühlen.

Zugleich wurde beton, dass auch das Service- bzw. Aufsichtspersonal aktiv auf die Menschen zugehen soll, um eine offene und einladende Atmosphäre zu schaffen. Dieses Verständnis von Gastfreundschaft setzt voraus, dass die Aufsichtskräfte auf Augenhöhe mit den Besucher:innen agieren. Das wiederum bedeutet, dass das gesamte Museumsteam ebenso auf Augenhöhe mit dem Personal zusammenarbeiten muss, auch bei der Konzeption neuer Ausstellungen. Beispielsweise kann gemeinsam besprochen werden, welche Wege Besuchsgruppen, z.B. Schulklassen, durch die Ausstellung nehmen, wie sie sich sinnvoll lenken lassen und wo es eventuell zu Engpässen kommen könnte. So kann der Ablauf für alle Beteiligten möglichst angenehm gestaltet werden.

Ein weiteres Thema, in das Frau Wissen Einblick gab, war die Motivation und Einbindung des Service- bzw. Aufsichtspersonals. Wenn weniger Besucher:innen im Haus sind, entsteht leicht Leerlauf, wodurch sich ungewünschte Routinen einschleichen können – etwa der Griff zum Handy aus Langeweile. Deshalb ist es entscheidend, dem Personal das Gefühl zu geben, Teil des Hauses und des Erlebniskonzepts zu sein. Nur wenn sich das Personal selbst eingebunden, informiert und wertgeschätzt fühlt, kann diese Haltung auch an die Gäste weitergeben werden.

 

Diskussion

Das Thema, welche Aufgaben Aufsichten übernehmen können, wenn wenig Besucher:innen im Haus sind, wurde zu Beginn der Diskussion direkt aufgegriffen. Das Ziel soll sein, Zeiten geringer Auslastung sinnvoll zu nutzen und gleichzeitig die Identifikation mit dem Haus zu stärken. Genannt wurden Aufgaben wie das Einlesen in Ausstellungstexte, das Anhören von Podcasts über das Museum / aktuelle Ausstellungen oder das Erstellen von sogenannten Talking Points, um besser mit Besucher:innen ins Gespräch zu kommen. Im Deutschen Museum Nürnberg fungieren erfahrene Mitarbeitende zudem als „Buddys“ für neue  Kolleg:innen, um Wissen weiterzugeben und Einarbeitungsprozesse zu unterstützen. Aber auch praktische Tätigkeiten wie Flyer packen oder das Überprüfen der Website auf Aktualität wurden beigetragen, mit dem Hinweis, dass solche Aufgaben konkret zugewiesen werden müssen, um auch tatsächlich umgesetzt zu werden.

Gleichzeitig wurde auf die besondere Herausforderung bei externen Dienstleistern hingewiesen: Je stärker Aufgaben ausgelagert werden, desto weniger direkte Kontrolle gibt es über Servicequalität und persönliche Betreuung. Eine enge Abstimmung und gute Zusammenarbeit können jedoch dazu beitragen, dass die Betreuung der Gäste weiterhin aufmerksam und wertschätzend bleibt.

Eine Frage war auch, wie das Aufsichtspersonal, das häufig den ersten Kontakt mit den Besucher:innen hat, so unterstützt und eingebunden werden kann, dass es freundlich, zugewandt und kompetent auftritt. Dabei wurde deutlich, dass diese Rolle entscheidend für das gesamte Besuchserlebnis ist und daher gezielt gefördert und wertgeschätzt werden muss.

Dazu passend wurde auch das Fortbilden des Personals angesprochen. Schulungen sollten idealerweise in der Arbeitszeit stattfinden, was organisatorisch aufgrund des Ausstellungsbetriebs oft schwierig umzusetzen ist. Trotzdem ist Weiterbildung essenziell, um Qualität und Motivation zu sichern. Als positives Beispiel wurde das Entwickeln von Handlungs- und Gesprächsleitfäden für das Aufsichtspersonal genannt. Zudem kam der Vorschlag auf, dass Aufsichten an Führungen teilnehmen können, um selbst ein besseres Verständnis der Inhalte zu bekommen und so authentischer mit Besucher:innen zu kommunizieren.

In der Diskussion wurde auch die Bedeutung von Wertschätzung und Kommunikation hervorgehoben. Wenn das Service- bzw. Aufsichtspersonal merkt, dass die Hinweise, etwa zu Reparaturen oder Problemen, nicht ernst genommen werden, sinkt die Bereitschaft, sich einzubringen. Eine offene, respektvolle Kommunikationskultur ist daher entscheidend. Ebenso wichtig ist, dass klare Erwartungen und gewünschte Eigenschaften für das Personal formuliert werden, um gezielter auswählen, anleiten und fördern zu können.

Als gute Praxis wurde angeregt, kleine interne Events zu veranstalten, bei denen Projektleiter:innen, Kurator:innen und Vertreter:innen weiterer Bereiche über die aktuelle Arbeit und Themen sprechen. Solche Begegnungen fördern den Austausch, schaffen Verständnis und stärken die emotionale Bindung an das Haus. Auch die Einbeziehung von Mitarbeiter:innen aus Bereichen wie der Kasse oder der Aufsicht in die Planung und Reflexion von Ausstellungen wurde als wertvoll betont, denn sie erleben die Besucher:innen direkt und können wichtige Rückmeldungen geben.