#1 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen K20 Foto: Sebastian Drüen © Kunstsammlung NRW

Klimabedingungen in Museumssammlungen: Energienutzung im Wandel

Im Horizont der sich zuspitzenden Klima- und Energiekrise überarbeitet die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen die Klima-Standards für ihre eigene Sammlung.

Action, please! Wie reagieren die Museen auf die Klimakrise? Wir fragen Museen nach ihrem Vorgehen und geben die Möglichkeit, sich auszutauschen.
Gastbeitrag von
K20 K21 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf

Unsere Ziele 

Die Praxis der ungeprüften Energienutzung im Namen der Sammlungserhaltung ist in einem Wandel begriffen. In Übereinstimmung mit den öffentlichen und fachlichen Forderungen nach Nachhaltigkeit und Umweltverantwortung strebt das Team der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen nach mehr Energieeffizienz und nach Reduzierung des CO2-Fußabdrucks. Schon 2014 stellten die Verbände International Council of Museums‘ Committee for Conservation (ICOM-CC) und das International Institute for Conservation (IIC) in ihrer „Declaration on Environmental Guidelines“ fest, dass ein erweiterter Klima-Korridor mit einer Luftfeuchte für die meisten Materialien aus konservatorischer Sicht akzeptabel ist, so lange plötzliche Klimaschwankungen minimiert werden. Diese Erklärung bezog sich nicht zuletzt auf die Bizot-Gruppe, die 2012 eine ähnliche Empfehlung ausgesprochen hatte. Vor dem Hintergrund dieser Forschungsergebnisse hat auch die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen ihr Klima-Management und besonders ihre „flat-line-Praxis“ – die starre Einhaltung eines Sollwerts – für die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit in den Museumsräumen neu auf den Prüfstand gestellt.

 

Unser Vorgehen 

Im Juli 2019 wurde die Arbeitsgruppe „Klimabedingungen der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen“ gegründet. Diese besteht aus den Abteilungsleitungen Technik, Registrar, Restaurierung und Wissenschaft und wird begleitet von einem externen Energie-Ingenieur-Büro. Die Gruppe hat sich zum Ziel gesetzt, das Pilotprojekt „Feuchtebandregelung“ zu implementieren. Basierend auf der Idee, dass es im kontinentalen Klima saisonale Perioden gibt, in denen kühlere Bedingungen und eine gemäßigte Luftfeuchtigkeit weitaus wirtschaftlicher und nachhaltiger zu produzieren sind, erlaubt die neue Feuchtebandregelung ein saisonales Driften der relativen Luftfeuchte. Der Feuchte-Korridor wurde mit 45-58% bei maximal 0,3% Veränderung pro Stunde (also maximal 3% über 10 Stunden) definiert. Das Projekt lief in der 900 m² großen Henkel Galerie, einem Teil des Erweiterungsbaus des K20 aus dem Jahr 2010, da die Klimaanlage in diesem Bereich solitär gesteuert werden kann und dort zumeist Kunstwerke aus der Sammlung präsentiert werden.

 

Unsere Ergebnisse 

In der Test-Periode konnte in dieser Ausstellungshalle eine Verringerung der Befeuchtung um 15% erreicht werden, dabei ergaben die Einsparungen pro Jahr basierend auf 1g/kg Zuluftfeuchte ca. 1000 €. Die in der Henkel Galerie präsentierten Werke, beispielsweise die aus Holztafeln bestehende Großinstallation „Genter Raum“ (1979-80) von Imi Knoebel oder die Gemälde der britischen Künstlerin Lynette Yiadom-Boakye, die mit einer großen Einzelausstellung im K20 geehrt wurde, wurden durch regelmäßig erfolgende Monitoring-Rundgänge sorgfältig und genau geprüft. Es wurden keine negativen Folgen der Feuchtebandregelung ersichtlich. Dies erlaubt den Rückschluss, dass die neue Feuchtbandregelung für vergleichbare Materialien ein ähnlich geringes Risiko darstellt.

 

Wo gab es Hindernisse? 

Es bleibt abzuwarten, ob die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen das Einverständnis von Leihgeber:innen und Projektpartner:innen für die Maßnahmen erhält und die neuen Klima-Standards zukünftig auch in den temporären Ausstellungsflächen anwenden kann.

 

Wie geht es weiter? 

Auf Basis der positiven Ergebnisse weitet die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen die klimaschützenden Maßnahmen in allen Sammlungsbereichen weiter aus:

  • Erweiterung der Feuchtebandregelung auf 40-60% (max. 0,5% pro Stunde)
  • Flexibilität des Temperatur-Korridors zwischen 19-25°C (max. 0,5°C pro Stunde)
  • Reduzierung der Klimatisierung in nutzungsfreien Betriebszeiten, d. h. Abschaltung der Anlagen (aktuell zwischen 00:00 und 04:00 Uhr)
  • Abschaltung der Anlagen bei Nicht-Nutzung der Ausstellungsräume
  • Reduzierung des Gesamtvolumenstroms auf bis zu 30%, d. h. bei Erreichen der gewünschten Konditionen wird die umwälzte Gesamtluftmenge über die Reduzierung der Ventilator-Leistung um bis zu 70% gesenkt

Die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen adaptiert dahingehend auch die eigenen Standards für ausgehende Leihgaben in Leihverträgen, um Projektpartner:innen die Umsetzung ähnlicher Maßnahmen zu ermöglichen.

 

Unsere Empfehlung für andere Museen 

Die Klima-Studie der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen ist ein Ergebnis enger Zusammenarbeit über Abteilungsgrenzen hinweg und wirkt sich als positiver Beitrag zum Schutz der Umwelt aus.

 

Kontakt
Susanne Fernandes Silva (Pressesprecherin: presse(at)kunstsammlung.de)

 

Siehe hierzu auch die neuen Richtlinien für die Museumsklimatisierung des Deutschen Museumsbundes.

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